Donnerstag, 14. April 2016

Wie die "Gloria Dei" zu ihrem Namen kam


Im Juni 1939 lud der französische Rosenzüchter Francis Meilland einige seiner besten Kunden in seine Gärtnerei im Tessin ein. Er wollte ihnen die neuesten Rosenzüchtungen vorstellen, die gerade in seinen Versuchsbeeten aufblühten.

Seine Gäste kamen aus vielen Ländern.

Jede neue Rose in den Versuchsbeeten wurde genau geprüft und aufrichtig bewundert.


Aber Königin von allen war eine stolze Rose mit den hübschesten Knospen, die sich in der warmen Junisonne langsam zu einer herrlichen üppigen Blüte öffneten, vom

Elfenbein zu blassem Gold schattierend und von einem zarten Rosa gesäumt. Um diese klaren zärtlichen Farben schienen sich von Stunde zu Stunde, von Blume zu Blume zu wandeln. Es war eine Lust, sie zu betrachten. Aber noch nicht genug der Pracht: Die Stiele waren kräftig und lang, die hübschen dunkelgrünen Blätter hatten eine ganz besondere Frische, einen ganz eigenen Glanz. Und ein Etikett am Stiel sagte: 3-35-40.

Sobald genügend veredelte Rosen zu haben waren, wollten viele der Gäste diese besondere Rose ausprobieren.

Drei Monate später begann der 2. Weltkrieg.

Francis Meilland  musste zweihunderttausend ausgezeichnete Rosenstöcke ausgraben und vernichten! Mit seinen eigenen Händen zerstörte er den Garten für den er so lange und so schwer gearbeitet hatte.

Er musste jetzt Gemüse anbauen.

Aber er behielt genug Rosenstöcke zurück, um das Geschäft eines Tages weiter führen zu können.

Im letzten Augenblick, kurz bevor alle normalen Verbindungen in Europa unterbrochen wurden, hatte er drei kleine Päckchen mit der veredelten Rose 3-35-40 abschicken können. Eines an seinen Rosengärtnerfreund in Italien, das andere an einen Freund in Deutschland.

Auch die dritte Sendung hatte Frankreich noch im letzten Augenblick verlassen können. Ganz früh an einem grauen Novembermorgen kam ein heimlicher Anruf  vom amerikanischen Konsul in Lyon, einem freundlichen und sehr großzügigen Rosenliebhaber. Aber alles was er diesmal sagte war ein knappes: “Ich reise ab. Wenn Sie wollen, können Sie mir ein kleines Päckchen für einen Freund mitgeben. Höchstgewicht: ein Pfund!“

Francis Meilland hatte verstanden. In weniger als zwei Stunden war ein kleines Päckchen mit veredelten 3-35-40 im amerikanischen Konsulat abgegeben worden, sorgfältig adressiert an seinen amerikanischen Freund und Rosengärtner Mister Robert Pyle.

Die Familie Meilland überlebte den Krieg.

Oft fragten sie sich natürlich, was wohl aus diesen drei kleinen Päckchen mit den 3-35-40 geworden war. Ob sie wohl sicher angekommen waren? Oder hatte irgendein Gauleiter in Deutschland, irgendein Schwarzhemd in Italien sie abgefangen und weggeworfen, so dass sie verdorrten und starben? Und vor allem, war jener letzte Flieger aus Frankreich sicher in Amerika angekommen?

Damals als alle Verbindungen abgeschnitten waren, konnte keiner ihrer ausländischen Rosenfreunde wissen, dass sie bereits einen Namen für 3-35-40 hatten. Ihre schöne üppige und widerstandsfähige neue Rose sollte den Namen „Madame A. Meilland“ tragen, den Namen von Francis Meillands Mutter. Und wenn ihre Freunde, die Rosengärtner, in anderen Ländern erst einmal die Schönheit der neuen Rose und ihre Haltbarkeit erprobt hatten, stimmten sie sicher zu.

Da sickerte die Nachricht durch, dass ihr freundlicher deutscher Kunde nicht nur sein kleines Päckchen mit 3-35-40 sicher erhalten, sondern es auch fertig gebracht hatte, die Rose in seinem Garten auszuprobieren, und er war so in sie verliebt, dass auch er ihr einen Namen gegeben hatte: „Gloria Dei“ (Ehre sei Gott).  

Dann kam eine weitere Nachricht, diesmal aus Italien. Ihr Rosengärtner dort hatte ebenfalls ein kleines Päckchen mit 3-35-40 erhalten. Auch er hatte sie geprüft, hatte ihre herrlichen Eigenschaften erprobt und ihr den fröhlichen italienischen Namen gegeben: „Gioia“ (Freude).

Einen Monat nach der Befreiung Frankreichs, kam ein Brief zu den Meillands. Er war von Mister Robert Pyle.
„Während ich den Brief diktiere“, schrieb er, “hängt mein Blick voll Bewunderung an einer herrlichen Rose, deren blassgoldene, cremig-elfenbeinfarbene Blütenblätter an dem leicht gekräuselten Saum in das zarte Karmin übergehen. So steht sie vor mir, majestätisch, voller Verheißung und ich glaube, sie wird die größte Rose dieses Jahrhunderts werden.“

Der amerikanische Konsul hatte sein Versprechen gehalten und das schnell zusammengeschnürte Paket mit 3-35-40 mit nach Amerika genommen und Robert Pyle übergeben.

Und Robert Pyle hatte keine Zeit verloren, er war sofort an die Arbeit gegangen und hatte die Rose gründlich getestet. Auf allen Feldern war sie ein großartiger Erfolg, sie gewann die Herzen aller Rosengärtner.

Die Amerikaner waren begeistert von der Rose, die ausdauernd, kräftig und widerstandsfähig war und auch den verhängnisvollen Frösten im Frühjahr standhielt. Noch zwei Eigenschaften der 3-35-40 hatten den amerikanischen Rosengärtnern ganz besonders gefallen: Die schönen Knospen öffneten sich viel langsamer als die Knospen anderer Rosen, und die voll aufgeblühten Rosen waren nicht nur sehr haltbar, sie bewahrten auch unverändert ihre zarte Frische der halbgeöffneten Knospen.

Während der Ausstellung der Pazifischen Rosengesellschaft in Pasadena in Kalifornien wurde für die Rose eine Namensgebungszeremonie abgehalten. Die Rose erhielt den Namen: „Peace“ (Frieden).

Das ist die Geschichte der Rose mit den vier Namen, die ich auszugsweise aus dem Buch „Die Rosenfamilien“ von Antonia Ridge wiedergegeben habe.


Wer sich für die Geschichte des Rosenzüchters Francis Meilland interessiert kann diese hier nachlesen:







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